Freitag, 23. September 2016

Ist der Markt wie er zur Zeit existiert frei?

Oftmals ist von den liberalen unter uns zu hören, der freie Markt dürfe nicht vom Staat beschnitten werden und durch Regulierung gebremst werden. Nichts darf der Anmaßung an Eigentum und der Selbstregulierung der Wirtschaft im Wege stehen. Aber wie frei ist dieser Markt noch und wie frei ist unser Wirtschaftssystem überhaupt, ist es nicht schon längst zum System aus Zwängen und Interessen der Eliten verkommen?

Schon 1928 merkte Edward Bernays in seinem Buch Propaganda an: "Große Unternehmen haben die Tendenz durch Fusion und Monopolbildung noch größer zu werden."

Die Märkte werden heutzutage in vielen Bereichen/Branchen von einigen wenigen, großen Playern dominiert. Das macht sich besonders im IT-Bereich bemerkbar, man denke nur an Google, Amazon oder Facebook. Eine solche Monopolisierung kann nicht als “frei” bezeichnet werden, denn sie korrumpiert genau die Mechanismen die man sich vom freien Markt erwünscht, unter anderem: Die Preisbildung zwischen Angebot und Nachfrage aufgrund des Konkurrenzkampfes, sowie die Möglichkeit auf alternative Produkte auszuweichen. Nun stellt sich die frage was ist an privatem Monopol besser als an staatlichem? Der private Monopolist ist nämlich im Unterschied zum Staat - zumindest sofern dieser eine Demokratie seine Regierungsform nennt - verständliche Weise vielmehr an Gewinnmaximierung interessiert. Das ist weder für die Kunden, noch die Mitarbeiter gut, aber hilft den Aktionären und Investoren am meisten, denn die freuen sich über hohe Dividenden. Den großen Investoren und Konzernen ist es außerdem möglich in den Markt einzugreifen, da sie über das notwendige Kapital verfügen, ähnlich wie dies der Staat mit Regulierungen macht.

Ein weiteres Problem und logische Konsequenz des freien, globalisierten Wirtschaftsraumes ist die Auslagerung der Produktion in jene Länder wo sie am billigsten ist. Das Mag auf den ersten Blick zumindest für die Konsumenten Vorteile mit sich bringen, da so die Preise fallen, jedoch nicht ohne Folgen. Denn sowohl die Arbeitsplätze sowie die Einkünfte aus Steuern für den Staat fehlen dann im Land, wo dieses Unternehmen sesshaft war. Das zwingt die Arbeitnehmer - zum Vorteil der Unternehmen - dazu für weniger Geld zu arbeiten, denn sonst lagern die Unternehmen ihre Produktion noch weiter aus. Mit dem Beitritt der europäischen Südstaaten in den Euro hat sich gezeigt wohin das führen kann. Kapital ist aus den starken Volkswirtschaften abgeflossen und Unternehmen haben ihre Produktion in die schwächeren Wirtschaften ausgelagert. Mit diesem Kapital wurden z.B. in Spanien Immobilien gebaut, welche nie bezogen wurden. Im Gegenzug findet eine Bewegung der Bevölkerung aus den Südländern hin zu Ländern wie Deutschland statt. Die so stark verschiedenen Wirtschaftsbereiche haben sich unter einer Währung nicht gut vereinen lassen.

In unseren heutigen Demokratien haben außerdem besonders Großkonzerne und -investoren die Möglichkeit die Gesetzgebung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Den Großkonzernen steht aus verschiedenen Gründen eine gewisse politische Einflussnahme zu. Einerseits bringen sie dem Staat die Meisten Steuern ein und beschäftigen eine große Zahl Arbeitnehmer, was als Druckmittel dienen kann. Andererseits können sie sich Berater und Lobbyisten leisten, um Politiker direkt in ihrem Sinne zu manipulieren. Sollten aus diesen Umständen Gesetze resultieren welche die Großkonzerne gegenüber regionalen bevorzugen, kann auch hier nur von einem freien Markt mit Einschränkungen die Rede sein. Als Beispiele sollen die Steuerdeals, welche einige Unternehmen wie Amazon mit Luxemburg abgeschlossen haben, dienen.

Kommen wir zu den Eingriffen der Zentralbanken (hier insbesondere der EZB) in die Wirtschaft durch den, eigentlich, unrechtlichen Kauf von Staatsanleihen. Die Gründe seien hier einmal außer acht gelassen, klar ist jedoch, dass durch dieses Vorgehen der Markt beeinflusst wird. Darüber hinaus ist die Staatsfinanzierung durch die EZB, wie von Karl Albrecht Schachtschneider erklärt, illegal. Als Beispiel sei in diesem Zusammenhang auch die Schweizer Nationalbank erwähnt, welche bereits Großaktionär bei Apple und Google ist. Ist das nicht genau das was nicht gewollt ist, ein Eingriff einer staatlichen Organisation in den Markt?

Als letzten Punkt möchte ich noch Derivate anführen, diese sind Vergleichbar mit Wetten des Finanzsystems. Die Derivate, welche heutzutage für den Großteil an Forderungen im Finanzsystem verantwortlich sind (insgesamt rund 600 Bio. $), werden auch großteils - zu 80% - OTC (over-the-counter) gehandelt. Sie entziehen sich also der Preisbildung an der Börse und damit den Gegebenheiten des Marktes. Angesichts des gigantischen Volumens an Forderungen und der teilweise gefährlichen Wirkungsweise dieser Konstruktionen, wäre es angemessen wenn diese zumindest nicht im Verborgenen gehandelt würden.

Zusammenfassend lässt sich sagen ein freier Markt existiert zur Zeit wohl kaum und ohne jegliche staatliche Eingriffe wird er das wohl auch nie können. Interessant ist jedoch, dass die klagenden Stimmen immer dann auftauchen, wenn der Staat die Wirtschaft aus Sicht der liberalen einschränkt, nicht aber wenn er das Gegenteil macht, wie es zum Beispiel die Zentralbanken derzeit machen. Eins steht aber fest: Am Ist-Zustand sollte sich viel ändern, angefangen beim Geldsystem und dem politischen. Aus den vergangenen Jahrzehnten haben wir viel gelernt, man sollte das beste aller Ideologien in betracht ziehen und nicht aus Prinzip eine ablehnen, sei es Kapitalismus oder Sozialismus.

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